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Babylonisches Sprachengewirr in Spanien

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Eine Nation oder eine Kultur definieren sich normalerweise durch eine gemeinsame Sprache. Aber das gilt nicht überall. Es gibt Ausnahmen von der Regel, wie man sieht.

Jeder weiß, daß in der Schweiz französisch, deutsch, italienisch und rätoromanisch nebeneinanderher gesprochen wird. In Belgien wird französisch, flämisch und etwas deutsch gesprochen. In Großbritannien sprechen die meisten Leute zwar englisch, man vergißt aber meistens, daß viele Waliser in Wales walisich, viele Schotten in Schottland schottisches Gälisch, viele Leute in Cornwall kornisch und viele Nordiren in Nordirland irisch sprechen.

Wie ist das nun in Spanien? Sprechen nicht alle Spanisch in Spanien?

 

Hmm, ja und nein.

In Spanien werden offiziell vier verschiedene Sprachen gesprochen: kastillianisch, katalanisch, galizisch und Euskera (baskisch). Daneben gibt es noch weitere Sprachen, die aber nicht offiziellen Charakter haben. In Spanien beträgt die Zahl der offiziell verzeichneten Sprachen insgesamt 15; davon werden 13 Sprachen noch heute gesprochen, während 2 bereits ausgestorben sind.

Kastillianisch ist die Sprache von Kastilien und von Madrid. Es ist die Sprache, die offiziell in ganz Spanien benutzt wird. Das heißt, es ist die Amtssprache der Gerichte und der Zentralverwaltung. Kastillianisch wird von etwa 29.000.000 Leuten im ganzen Land gesprochen (aus einer Bevölkerung von insgesamt ca. 43.000.000).

Während Spaniens dunkelster Stunde zur Zeit des spanischen Bürgerkriegs tat General Franco sein Bestes, um jedermann auf spanischem Boden bei Androhung von Strafe die Sprache sprechen zu lassen, die er sprach, nämlich Kastillianisch. Wurde zwischen 1937 und 1944 jemand in Spanien auf der Straße angetroffen, der nicht Kastillianisch sprach, dann wurde er bestraft, was häufig Gefängnis bedeutete. Die Diktatur des Generalísimo dauerte zum Glück aber nur 40 Jahre. Hätte Franco als Diktator 400 Jahre herrschen können, dann sähe es heute wohl anders aus.

Nach Franco schlug das Pendel aber zurück. Kinder durften landesweit wieder mit ihrer Muttersprache aufwachsen. 

In den spanischen Regionen von Galizien, von Asturien, im Baskenland, in Katalonien, auf den Balearischen Inseln und im Raum von Valencia wird jeweils die regionale Sprache gesprochen, an der Schule unterrichtet und wird auch von den regionalen Behörden verwendet. In anderen Teilen von Spanien werden sechs weitere Sprachen, nämlich Extremadurisch, Asturianisch, Valenzianisch, Aragonesisch, Fala und Aranesisch, gesprochen, aber nicht an der Schule unterrichtet und auch nicht von den regionalen Behörden verwendet.

Aus der Geschichte Spaniens wissen wir, daß um 1050 in Südspanien die am häufigsten verwendete Amtssprache das Arabische war, vielmehr das Mozarabische, eine romanische Sprache mit arabischen Einflüßen. Mozarabisch ist heute jedoch ausgestorben.

Aber manchmal bedeutet ausgestorben ja nicht, für immer.